Das sind die neuen Schweizer Kart-Meister
Racer-Herz was willst du mehr! Der fünfte und letzte Lauf zur autobau Schweizer Kart-Meisterschaft in Wohlen war an Spannung kaum zu überbieten. Die zahlreich erschienenen Fans kamen voll auf ihre Kosten.
Es war ein würdiges und vor allem spannendes Finale. Das letzte Rennen der diesjährigen Saison zur autobau Schweizer Kart-Meisterschaft in Wohlen hat alles geboten, was das Racer-Herz höher schlagen lässt. In vier von fünf Kategorien fielen die Würfel erst im allerletzten Rennen. Die Nerven aufreibendste Entscheidung bot die Kategorie OK Senior. Dort lagen Meister und Vize-Meister am Ende nur drei Punkte auseinander.
Doch alles der Reihe nach: Zwischen Lyon Mathur und Jérôme Huber, beide aus dem Team Innovate Competition, war die Ausgangslage schon vor dem Finale spannend. 20 Punkte trennten die beiden Senior-Teamkollegen voneinander. Nach zwei Vorläufen, in denen sie jeweils die Plätze 2 und 3 (hinter dem «fliegenden» Levi Arn) belegten, betrug der Abstand noch 16 Punkte. Hätte Huber das Finale gewonnen und gleichzeitig die drei Zusatzpunkte für die schnellste Rennrunde geholt, hätte Mathur mindestens Vierter werden müssen. Doch alle Rechenspiele waren irgendwie umsonst. Als die Zielflagge fiel, wusste keiner so recht, wer nun Meister war. Huber hatte den Kampf um Platz 1 gegen Arn, der sich erstmals einen «Grand Slam» gutschrieben liess, verloren und musste sich mit dem zweiten Schlussrang begnügen. Und auch die schnellste Rennrunde ging auf das Konto von Arn. Mathur musste also nicht Vierter werden. Doch reichte auch Platz 9 mit einer Runde Rückstand? Der Lokalmatador aus Sarmenstorf (AG) hatte sechs, sieben Runden vor Schluss nämlich keine Bremsen mehr, und versuchte verzweifelt von seinem Team, insbesondere von seinem Vater, der am Streckenrand stand, zu erfahren, was er in dieser Situation machen sollte. Weiterfahren war die Devise. Und es war die richtige Entscheidung. Mathur rettete sich ins Ziel und bekam als Neunter noch zwölf Punkte gutgeschrieben. Das reichte, um am Ende mit drei Zählern Vorsprung zu gewinnen. «Ich freue mich über diesen Titel, auch wenn er nicht denselben Stellenwert hat wie der erste von vor zwei Jahren», meint Mathur. «Trotzdem tut es mir für Jérôme leid. Er hat toll gekämpft und es war zum Schluss äusserst knapp.»
Knapp war es auch in der Kategorie Super Mini. Dort lagen die beiden Spirit-Fahrer Aurelio Longhitano und Aaron Buhofer vor dem Finale in Führung. Auf Platz 3 (mit 29 Punkten Rückstand) lauerte Nicola Mateo Frigg aus dem Team UBIQ Racing. Letzterer hatte seine Titelchancen schon beim dritten Lauf in Levier schwinden sehen. Doch Frigg fuhr in Wohlen unwiderstehlich. Pole-Position, drei Laufsiege und obendrauf die schnellste Rennrunde: Wie Arn bei den Senioren holte Frigg bei den Jüngsten einen «Grand Slam». Und die beiden Spirit-Fahrer? Longhitano startete von P6 und war im ersten Vorlauf in eine Kollision verwickelt. Im zweiten Vorlauf wurde er Dritter. Zu diesem Zeitpunkt war er in der Meisterschaft bereits auf Rang 3 abgerutscht. Buhofer erwischte es besser. Mit zwei zweiten Plätzen war er vor dem Finale der neue Führende. Im entscheidenden Rennen belegte er dann Rang 9. Das reichte aber nicht. Und es kam noch knüppeldicker: Beide Spirit-Fahrer wurden disqualifiziert. Die Kette an ihren Karts entsprach nicht dem Reglement. Und weil auch der eigentlich Zweitplatzierte Laurent Shahinaj wegen Untergewicht aus der Wertung genommen wurde, rückten Marc Müller (2.), Diar Islami (3.), Shae Shield (4.) und Romeo Epifanio (5.) auf. «Ich hatte nach 7 Laghi nicht mehr mit dem Titel gerechnet», sagt der neue Champion Frigg. «Aber anderseits hatte ich in Wohlen auch nichts mehr zu verlieren.»
Ein anderer UBIQ-Fahrer, Samuel Ifrid, hätte seinen 26-Punkte-Rückstand auch gerne aufgeholt. Doch Innovate-Fahrer Tiziano Kuznini, der Führende in der Kategorie X30 Challenge Switzerland, hatte kein Erbarmen mit dem schnellen Basler. Mit der Pole-Position, einem zweiten Platz und zwei Rennsiegen liess Kuznini bei seinem Heimrennen keine Zweifel aufkommen und feierte nach 2021 (bei den Super Minis) seinen zweiten SM-Titel. «Eigentlich hätte ich schon den ersten Vorlauf gewinnen sollen», meint Kuznini. «Aber es gab Unstimmigkeiten wegen einer Gelbphase. Deshalb wurde das Rennen mit Stand von der 17. Runde gewertet. Und da lag Ifrid vorne. Egal: Rückblickend hat es keine Rolle gespielt und ich freue mich über meinen zweiten nationalen Titel.» Hinter dem Meister und dem Vize-Meister fighteten Diego Gama (UBIQ) sowie Tristan Zloczower und Vorjahresmeister Alessio Strollo (beide Spirit) um den letzten Podestplatz. Wobei Zloczower im zweiten Vorlauf und im Finale die Nase vorn hatte und zum Ende der Saison (Levier inklusive) ein starkes Ausrufezeichen setzte!
Für Action sorgten auch die beiden Brüder Jean und Samuel Luyet in der Kategorie KZ2. Die beiden Schaltkart-Profis liessen es sich nicht nehmen, ihren rund 50 aus dem Wallis angereisten Fans eine super Show zu bieten. Obwohl beide noch nie zuvor in Wohlen am Start gestanden sind, sicherten sie sich alle drei Laufsiege. In den Vorläufen war es Samuel, der jüngere der beiden, der das Tempo bestimmte. Im Finale lag Jean vorne. Zumindest bis kurz vor dem Zielstrich. Dann liess er seinen Bruder durch und feierte mit seinem Team und den Fans den lange ersehnten Titel. «Es mag etwas komisch klingen, weil wir international schon viele Erfolge gefeiert haben, aber das ist tatsächlich die erste Meisterschaft, die wir gewonnen haben», sagt Jean Luyet. Für den 23-Jährigen Birel-Fahrer hat der Titel eine besondere Bedeutung. Jean hat seine Motoren in dieser Saison selber präpariert. «Dass wir damit auf Anhieb die Meisterschaft gewonnen haben, erfüllt mich mit Stolz.» Hinter den beiden Luyets sicherte sich Kevin Wälti (Swiss Hutless) Rang 3 in der Meisterschaft der Schaltkarts. Der 30-jährige Spätzünder («Ich fing erst mit 18 Jahren im Kartsport an») lieferte sich in Wohlen einen spannenden Zweikampf mit dem vier Jahre älteren Tobias Widmer aus Rudolfstetten, wobei Widmer mit einer absolut fehlerlosen Leistung im Finale das Duell der beiden «Oldies» für sich entschied.
Apropos Entscheidung: Bei den OK Junioren, wo Chiara Bättig nur noch einen Punkt brauchte, fiel die Entscheidung schon im Qualifying. Um die Spannung noch etwas hinauszuzögern, hätte der Meisterschaftszweite Georgiy Zasov (MH Racing) die Pole-Position (respektive die zwei Zusatzpunkte) erobern müssen. Dieses Unterfangen gelang jedoch nicht. Die Pole-Position ging mit 0,073 sec Vorsprung an Dan Allemann (Spirit Racing). Damit stand schon nach dem Abschlusstraining fest, dass Chiara Bättig vom Team KartBox.ch ihren dritten Titel in Serie in trockenen Tüchern hatte. Der Rest ist schnell erzählt: Vorlauf 1 ging an Allemann, Vorlauf 2 an Zasov und das Finale erneut an Allemann. Der neuen und alten Meisterin lief es für einmal nicht nach Plan. Nach Platz 5 im ersten Vorlauf schied Bättig im zweiten Heat mit einem Motorenproblem aus. Im Finale kämpfte sie sich auf Rang 2 zurück, konnte Allemann, der sich in Wohlen den Vize-Titel sicherte, aber nicht mehr abfangen.
Entschieden wurde in Wohlen auch der Swiss Histo Kart Cup. Wie schon beim Saisonauftakt in Lyss war Thomas Glauser Klassenbester und sicherte sich auf seinem Swiss-Hutless-Kart von 1989 vor Vorjahresmeister Sandro Melena (Tecno SS22 von 1997) und Hansueli Lehmann (Swiss Hutless von 1983) den Titel.
Nächster und letzter Programmpunkt für die autobau Schweizer Kart-Meisterschaft ist die offizielle Meisterfeier. Diese findet am 3. November in Baden (AG) statt.