Reinhard siegt trotz Fehlern bei SKM
Spannende Kämpfe, nervöse Titelaspiranten, Motorschäden der Topleute, eine Reihe von Frühstarts in der Königsklasse KZ2 und viel Fairplay prägten den fünften von sieben Läufen der autobau Schweizer Kartmeisterschaft (SKM) 2017, der am vergangenen Wochenende in Busca südlich von Turin über die Bühne ging. Bei hochsommerlicher Hitze gewannen André Reinhard (KZ2), Julien Apothéloz (OK Senior), Patrick Näscher (Iame X30 Challenge Switzerland), Mike Müller (Iame X30 Junior) und Elia Sperandio (Supermini) die Finalläufe. Wie bei allen SKM-Rennen 2017 wurden auch in Busca sämtliche Finalläufe per Live-Stream ins Internet übertragen.
Busca war Neuland für die Fahrerinnen und Fahrer der Schweizer Kartmeisterschaft (SKM). Die eine Autofahrstunde südlich von Turin liegende Strecke mit 1,602 km Länge, mit 16 Kurven und mit zwei Geraden von 180 bzw. 200 Metern Länge verlangte von den Teilnehmern fahrerisch und technisch alles ab, die Abfolge von schnellen und langsamen Passagen setzte viel Abstimmungs-Knowhow und fahrerisches Können voraus. Auch die Hitze mit Spitzen jenseits von 30 Grad stellte hohe Anforderungen an die körperliche Fitness der Teilnehmer. Alle fünf Klassen – KZ2-Schaltkarts, OK Senior, Iame X30 Challenge Switzerland, Iame X30 Junior und Supermini (Kinderklasse) – bestritten am Sonntag je drei Rennläufe, das wichtige Qualifying für die Startaufstellung absolvierten sie bereits am späten Samstagnachmittag.
KZ2-Schaltkarts: Reinhard siegt dank einer Zeitstrafenflut
(125 ccm, 6-Gang-Handschaltung; die bis 160 km/h schnellen Flitzer sind die Königsklasse im Kart-Rennsport)
Nicolas Rohrbasser (Kosmic/TM) und André Reinhard (CRG/TM) sind 2017 ohne Zweifel die beiden stärksten Fahrer in der Königsklasse. Rohrbasser setzte sich mit einer beeindruckenden Konstanz an Siegen und Podestplätzen klar an die Spitze des Zwischenklassements, Reinhard lag vor Busca nach einigen Patzern 49 Punkte zurück. Auch in Busca startete Reinhard schlecht ins Wochenende. Weil er nach dem Qualifying sein CRG-Kart zu früh aus dem Parc fermé schob, wurde er disqualifiziert und musste von ganz hinten starten. Auch die Aufholjagd im 1. Lauf ging gehörig daneben, er ging zu stürmisch ans Werk und rammte zwei Gegner von der Piste. Reinhard erhielt eine 10-Sekunden-Zeitstrafe und wurde nur Letzter. Im zweiten Lauf schaffte Reinhard immerhin Rang 3, aber sein Titelgegner Nicolas Rohrbasser hatte zu dieser Zeit bereits zwei Siege auf dem Konto. Auch im Finale kam Gesamtleader Rohrbasser vor Reinhard ins Ziel, doch der Sieger und fünf (!) weitere Fahrer wurden wegen Frühstarts mit je einer 5-Sekunden-Zeitstrafe belegt, wodurch Reinhard den Sieg erbte. Rohrbasser musste sich mit Rang 2 begnügen. „Schade, das wäre das perfekte Weekend gewesen“, ärgerte sich Rohrbasser. „Ich konnte mich zwar von Sven Müller und Reinhard nicht wirklich lösen, aber ich konnte einen hohen Rhythmus gehen und machte keine Fehler. Die Strecke besitzt sehr viel Grip und ist dadurch sehr anstrengend.“ Reinhard freute sich zwar über den unerwarteten Sieg, blieb aber realistisch: „Klar ist ein Finalsieg immer schön, aber insgesamt hat sich mein Rückstand in der Meisterschaft vergrössert. Ich habe im Training und im ersten Lauf einfach zu viele Fehler gemacht. Und nur noch zwei Veranstaltungen in Levier und Lignières sind ausstehend.“
Finale: 1. André Reinhard (CRG/TM); 2. Nicolas Rohrbasser (Kosmic/TM); 3. Sven Müller (Tony Kart/TM); 4. Martin Hubler (DR/Modena); 5. Norick Lehner (Praga/Parilla).
Meisterschaftsstand (nach 5 von 7 Rennen): 1. Nicolas Rohrbasser (Kosmic/TM), 316 Punkte; 2. André Reinhard (CRG/TM) 256; 3. Sven Müller (Ton Kart/TM) 189.
OK Senior: Viel Pech und noch mehr Fairplay
(125 ccm, leistungsstarke Motoren mit Direktantrieb, ohne Vorderradbremsen, Mindestgewicht 150 kg)
Der im ersten Saisondrittel fast fehlerfrei fahrende Pascal Von Allmen (Sodi/TM) bekundete in beiden letzten Rennen technische Probleme, zudem hatte er beim letzten Event in Mirecourt auch fahrerisch gegen den immer schneller werdenden Samuel Weibel (Exprit/Vortex) keine Chance. Vom einst stolzen Vorsprung waren vor Busca nur noch drei magere Pünktchen übriggeblieben. Umso gespannter wartete man in Busca auf den nächsten Schlagabtausch der beiden Titelaspiranten. Die beiden Vorläufe gewann Weibel klar vor Von Allmen, doch im Finale hielt zuerst Von Allmen die Spitze hauchdünn vor Weibel. Doch bereits am Ende der ersten Runde blockierte der Motor des Führenden, der dicht auffolgende Weibel knallte Von Allmen ins Heck und beide trudelten von der Piste. Doch Pechvogel Von Allmen zeigte viel Sportlichkeit, er half seinem Titelgegner sogar, dessen Kart wieder anzuschieben, was von den Tribünen aus mit spontanem Applaus gewürdigt wurde. Tatsächlich konnte Weibel das Rennen noch fertigfahren und mit Rang 8 noch Punkte sammeln. „Das war einfach Pech für Von Allmen“, sagte Weibel im Ziel, „aber er hat sehr sportlich gehandelt. Trotzdem war es natürlich schade für mich, denn ich war heute ziemlich flott unterwegs.“ Den Sieg erbte so überraschend der junge Julien Apothéloz (Kosmic/Vortex). „Mein erster Sieg in der OK-Klasse“, jubelte Apothéloz. „Klar konnte ich vom Ausfall der beiden Topleute profitieren, aber ein Sieg ist ein Sieg.“
Finale: 1. Julien Apothéloz (Kosmic/Vortex); 2. Yannick Klaey (Alonso/Vortex); 3. Ilya Drovossekov (Tony Kart/Vortex); 4. Alessandro Felber (Praga/Parilla); 5. Nicolas Raeber (Kosmic/Vortex).
Meisterschaftsstand (nach 5 von 7 Rennen): 1. Samuel Weibel (Exprit/Vortex) 281; 2. Pascal von Allmen (Sodi/TM), 262 Punkte; 3. Yannik Klaey (Alonso/Vortex) 209.
Iame X30 Challenge Switzerland: Pech für Planchamp, Glück für Näscher
(125 ccm, Fliehkraft-kupplung, identische Motoren, Mindestgewicht 158 kg)
Während Patrick Näscher (Mach1) das erste Saison-drittel dominiert hatte, war seit zwei Rennen Steven Planchamp (Kosmic/Iame) der starke Mann. Planchamp gewann sechs Rennläufe in Folge und übernahm in Mirecourt auch die Tabellenspitze. In Busca wartete man gespannt darauf, ob Näscher ein Mittel gegen den schnellen Planchamp finden würde. Planchamp gewann zwar den ersten Vorlauf vor Näscher, aber im zweiten musste er sich Elliott Shaw (Exprit) und Näscher geschlagen geben. Im Finale ging Planchamp sogar leer aus, weil die Zündung seines Motors bereits in der ersten Runde den Geist aufgab. Die Chance liess sich Näscher nicht entgehen, er gewann klar vor Micola Vital (Tony Kart) und Alessandro Buscemi (Exprit), die beide ihre beste Finalplatzierung der Saison erzielten. Näscher zeigte sich sportlich: „Ich würde Planchamp lieber auf der Strecke als durch einen technischen Defekt besiegen. Aber im Hinblick auf den Titelkampf bin ich über die vielen Punkte natürlich nicht unglücklich.“ Der zweitplatzierte Vital war bis kurz vor Schluss an Näschers Heck geblieben, griff aber nicht mehr an: „Anfangs des Rennens hätte ich es versuchen sollen, da war ich schneller. Aber gegen Ende war es genau umgekehrt. In den letzten beiden Runden habe ich aufgegeben und meinen zweiten Platz nach hinten abgesichert.“
Finale: 1. Patrick Näscher (Mach 1/Iame); 2. Micola Vital (Tony Kart/Iame); 3. Alessandro Buscemi (Exprit/Iame); 4. Kevin Wälti (Swiss Hutless/Iame); 5. Elliott Shaw (Exprit/Iame).
Meisterschaftsstand (nach 5 von 7 Rennen): 1. Patrick Näscher (Mach1 /Iame) 302; 2. Steven Planchamp (Kosmic/Iame), 284; 3. Micola Vital (Tony Kart/Iame) 218.
Iame X30 Junior: Mike Müller unantastbar
(Motor 125 ccm, Fliehkraftkupplung, identische Motoren mit Leistungsrestriktor, ab 12 Jahren)
Nach den eher mittelprächtigen Resultaten beim letzten SKM-Event in Mirecourt musste Gesamtleader Mike Müller (Swiss Hutless/Iame) in Busca wieder einen oder zwei Zacken zulegen, wenn er Vorjahresmeister Savio Moccia (Tony Kart/Iame), Jasin Ferati (Kosmic/Iame) und Miklas Born (Exprit/Iame) weiterhin auf Distanz halten wollte. Und Müller tat das mit der schnellsten Qualifikationszeit und drei undiskutablen Siegen auf überzeugende Art und Weise. „Im Finale habe ich im letzten Renndrittel etwas Tempo rausgenommen, um Material und Reifen zu schonen. Aber ich habe den Vorsprung auf Jason Ferati immer mit den Augen kontrollieren können. Das war ein perfektes Weekend, natürlich auch im Hinblick auf die Meisterschaft.“ Der Zweitplatzierte Ferati bedauerte: „Ich wurde immer schneller und holte mächtig auf. Aber ich hatte in den ersten Runden zu viel Zeit verloren. Schade, dass das Rennen nicht noch ein paar Runden länger dauerte, ich hätte Müller vielleicht noch abfangen können.“
Finale: 1. Mike Müller (Swiss Hutless/Iame); 2. Jasin Ferati (Kosmic/Iame); 3. Danny Buntschu (Exprit/Iame); 4. Antonio Lagrotteria (Exprit/Iame); 5. Miklas Born (Exprit/Iame).
Meisterschaftsstand (nach 5 von 7 Rennen): 1. Mike Müller (Swiss Hutless/Iame), 325 Punkte; 2. Savio Moccia (Tony Kart/Iame) 251; 3. Jasin Ferati (Kosmic/Iame) 245.
Super Mini: Sperandio überzeugt erst im Finale
(Fahrer ab 8 Jahren, Motor 60 ccm, Fliehkraft-Kupplung)
Der bisher alle Rennen dieser Saison dominierende Elia Sperandio (Praga/Iame) reiste mit gewaltigen 102 Punkten Vorsprung nach Busca; bereits winkte ihm die erste Chance, den Titel in Busca vorzeitig sicherzustellen. Doch in den ersten beiden Vorläufen hiess der Sieger nicht Sperandio, sondern Toni Kayla Naude (Exprit/TM) und war ein Mädchen, das sämtliche Jünglinge hinter sich liess. Doch im Finale patzte Naude beim Start und musste sich erst durchs Feld nach vorne kämpfen, während Sperandio alles richtig machte und die Hierarchie wieder herstellte. Naude sicherte nach ihrer beherzten Jagd nach vorne immerhin den zweiten Platz vor Hugo Giraud (Kosmic/TM). Sperandio baute seinen grossen Vorsprung weiter aus, doch mathematisch ist ihm der Titel noch nicht sicher.
Finale: 1. Elia Sperandio (Praga/Parilla); 2. Tony Kayle Naude (Exprit/TM); 3. Hugo Giraud (Kosmic/TM); 4. Sebastian Kraft (Swiss Hutless/TM); 5. Michael Sauter (Praga/Parilla).
Meisterschaftsstand (nach 5 von 7 Rennen): 1. Elia Sperandio (Praga/Parilla), 349 Punkte; 2. Michael Sauter (Praga/Parilla) 237; 3. Shannon Lugassy (Kosmik/LKE) 217.